Der Lauf
12 Sekunden
nach dem Startschuss lief auch ich über die Startlinie.
Hundert Meter später erreichten wir bereits den
Tunneleingang. Die Gittertüre wurde durch einen Helfer
"bewacht". Ein Mitläufer konnte nicht anders. er rief
dem "Wächter" zu: Aber nicht abschließen, bevor wir
wieder zurück sind!"
Es tropfte
von der Decke. Der Boden war auch recht nass. Wir alle
hatten hier drin den Tunnelblick...
Schnell war
der Spaß vorbei und es ging bei Tageslicht auf der
früheren Eisenbahnstrecke stetig ansteigend (1,17% bis
zum Wendepunkt) über den ersten Kilometer in 5 Minuten
und 36 Sekunden. Dieses Tempo schien mir möglich zu sein
für die gesamte Strecke. Ich traute mich nicht, an ein
schnelleres Tempo zu denken. Ich wollte mich nur etwas
"freilaufen", denn so mitten drin war es doch recht eng.
Überraschenderweise konnte ich den 2. Kilometer bereits
nach 5:04 beenden. Ich spürte immer weniger meine
Problemzonen. Konnte da so weiter gehen. Ich wäre damit
zufrieden. Wann würden meine Kräfte zu Ende gehen?
Ich spürte,
das es immer leicht bergauf ging. Aber mit einem Tempo
um die 5 Minuten sollte ein Laufen bis zum Wendepunkt
möglich sein.
In großen
Bögen ging es um die Berge herum. Täler wurden durch
kleine Brücken überwunden. Ein Weg mit so wenigen
Steigungen und Gefällen in dieser Gegend würde niemals
für Spaziergänger oder andere Fahrzeuge gebaut. Aber die
Eisenbahn erforderte damals wie heute eine möglicht
ebene Streckenführung.
Ich wurde
ungeduldig. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit bis zum
5km-Schild. In etwa ein Viertel geschafft! Hochgerechnet
mal 4 wäre die Gesamtzeit gar nicht so schlecht. Aber
halte ich durch? Kann ich nach dem Wendepunkt wegen dem
leichten Gefälle das Tempo halten?
Kurz vor
Kilometer 9 kamen uns die Spitzenläufer schon wieder
entgegen. Den meisten konnte man die Anstrengungen nicht
ansehen. Oder lag es daran, das es bergab ein wenig
leichter ging?
Nach 10,55km
Weg und 123 Höhenmetern war der Wendepunkt erreicht.
Nachdem wir den Wendpunkt hinter uns hatten, konnten wir
in die Gesichter der nachfolgenden Läuferinnen und
Läufer blicken. Man sah den meisten die Anstrengungen
des Bergauflaufens an.
Und nun
erlebten wir es auch: Es ging wirklich merklich leichter
bergab zurück zum Startpunkt. Schon für den 11.
Kilometer brauchte ich "nur noch" 4:56. Und der nächste
Kilometer war nach sensationellen 4:35 Minuten
geschafft. Wenn das so weitergeht...
Meine
Schwerstarbeit vom Vortag war vergessen. Ich fühlte mich
immer leichter. Ich konnte zwar das Tempo nicht weiter
verschärfen, fühlte aber keine weitere Verschlechterung
meines Allgemeinzustandes. Allerdings bekam ich auf dem
14. Kilometer leichte Knie-Schmerzen. Lag es an der
Strecke, die hier leicht holprig war? Dieser Kilometer
war in 4:39 Minuten zu Ende. Was macht mein linkes Knie:
der Schmerz wird deutlicher. Soll ich ihn ignorieren
oder eine Gehpause einlegen? Ich hatte das Gefühl, das
ein leichtes Verdrehen immer wieder die Ursache sein
könnte. Ich versuchte, den Schmerz zu ignorieren. Hatte
ich zu viele Kilometer in den Wochen zuvor trainiert
(ich wollte jede Woche mit ca. 80 Kilometern
abschließen)?
Der
Streckenboden wurde wieder etwas weicher und er Schmerz
verschwand. Glück gehabt!
Mit leicht
gebremstem "Schaum" lief ich weiter. Der eigentlich
schon längst erwartete Einbruch kam nicht. Lag das an
dem leichten Gefälle? Ich sehnte mich nach dem
Tunneleingang. Der Schweinehund verlangte schon lange,
eine Gehpause einzulegen. Aber ich versuchte ständig,
mein Tempo zu halten. Das sehnlichst erwartete
19.Kilometerschild kam nicht. Das lag nicht an mir,
sondern vermutlich an "Spaßvögeln", die das Schild
weggenommen hatten. Also warten auf das 20.
Kilometerschild. Und dann waren es nur noch gut 1
Kilometer. ein Stück vor dem Tunnel bemerkte man von
hinten Läufer, die wohl zum Endspurt angesetzt hatten
und möglichst noch einige überholen wollten. Kurz vor
dem Tunnel setzte ich auch alles auf eine Karte und gab
noch einmal alles. Im Ziel merkte ich, das ich noch
wesentlich früher zum Endspurt hätte ansetzen können. Da
war noch was drin...
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