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Mein 12. Halb-Marathon (der 1. Extrem-Berglauf)

 

   

 

Zuerst die Daten zu diesem Aletsch-Halbmarathon (Gletscherlauf) am 29.06.2008:

 

Zum Start gemeldet:

1818 Sportler insgesamt

 

Im Ziel:

Das Ziel erreichten insgesamt 1526 Athleten (davon 1059 Männer)

Die Anmeldung

Die Anmeldung erfolgte recht früh im Internet.

 

 

Die Vorbereitung

 

Zur Vorbereitung auf diesen Extremlauf absolvierte ich eine Trainingswoche mit der bekannten Sportlerin Birgit Lennartz, die hier schon mehrfach als erste Frau ins Ziel kam.

Später dazu mehr...

 

Unser Berglauf-Training mit Birgit Lennartz

Quelle: www.copra.ch

 

Der Start

Der Lauf ging mit dem peinlichsten los, was man sich als eigentlich erfahrener Läufer vorstellen kann: Bereits 10 Minuten vor dem Start stand ich ausreichend warmgelaufen und eingeteilt im ersten Starterblock. 5 Minuten vor dem Start macht mich ein Nachbarläufer darauf aufmerksam, das an meinen Schuhen der Chip fehlt. So ein Mist! Jetzt noch schnell ein Sprint zurück zum Chalet. Schnell den Chip vom Tisch geschnappt und am Schuh befestigt. Im Affenzahn wieder zurück zum Startbereich. Im Abstand von 100 Laufmeter und 25 Höhenmetern hörte ich den Moderator in 4 Sprachen sagen: "Noch eine Minute". Aber ich konnte nicht mehr laufen. 30 Sekunden vor dem Startschuss lief ich wieder los. Durch ein Treppenhaus gelang ich atemlos an den unmittelbaren Startbereich. Startschuss! Ich musste mich durch Läufer des 2. Blocks quetschen, die sich bereits für ihren Start "zusammen rotteten". Ich wollte sowieso zum Schluss des 1. Blocks laufen, aber nicht so außer Atem wie nach diesem Missgeschick.

 

Die Start-Phase im Urlaubsort Bettmeralp

Quelle: Ute Szardien

 

Der Lauf

 

Die ersten 5km:

Auf der Dorfstrasse ging es natürlich schon leicht aufwärts. Erst kurz vor dem Ortsausgang ging es kurz bergab.  Dadurch wurde mein Atem etwas ruhiger. Aber es dauerte nicht lange, da ging es hinauf in Richtung des Wurzenbords. Noch eher als bei den Trainingsläufen musste ich vom langsamen Laufen in ein schnelles Gehen wechseln...

Nach dieser ersten Steigung ging es aus dem Wald hinaus auf die Almwiese. Die Sonne begann bereits hier störend ihre Arbeit. Außerdem spürte ich die Spitzenläufer des 2. Blocks hinter mir näher kommen. Es ging quer über die im Winter optimal breite Skipiste zum ersten Verpflegungsstand. Wie uns Birgit empfohlen hatte, wurde bereits hier Wasser getrunken und über den Körper geschüttet. Welch eine Überraschung: Hier hoch oben über dem Dorf Bettmeralp standen die ersten Zuschauer und feuerten uns lautstark an. Der Weg war mittlerweile sehr schmal geworden. Überholvorgänge an dieser Stelle waren sehr gefährlich, weil der Weg nicht nur sehr schmal, sondern gespickt war mit Steinen und Felsbrocken, über die man wie ein Reh bergab und bergauf springen musste und weil man mittlerweile weit oberhalb des Bettmersees nach links leicht den steilen Abhang herunterfliegen konnte.

 

Die zweiten 5km:

Ab und zu wurde es matschig oder es gab nasse, rutschige Gesteinsbrocken auf dem Weg, weil das Schmelzwasser sich natürlich auch einen Weg bergab suchen und nehmen musste.

Kurz vor Kilometer 7 stand Ute mit vielen Zuschauern, die schnell nach dem Start in Bettmeralp hier hoch gelaufen waren. Kilometer 7 bedeutet bei einem normalen Halbmarathon, das ein Drittel geschafft ist. Hier kann man nur von einem winzigen Bruchteil der Strapazen sprechen.

Es ging leicht aufwärts auf einer Wiese, wo die, die unbedingt schneller laufen wollten, dies auch leicht machen konnten. Ich wusste durch die Trainingsläufe genau, das der, der sich hier verausgabt, an den extremen Steigungen keine Reserven mehr hat. Außerdem: Bei einem normalen Marathon/Halbmarathon auf ebener Strasse kann man sich total verausgaben und "leicht taumelnd" sich weiter vorwärts bewegen. Da kann nicht viel passieren. Aber hier kann das schnell zu einem Sturz oder Absturz mit schweren Verletzungen führen.

Es kam der Ort Riederalp in Sicht. Schön wäre es gewesen, wenn wir die Höhe gehalten hätten. Aber es ging kontinuierlich weiter abwärts, bis wir in Reichweite eines Golfplatzes in Höhe einiger Häuser von Riederalp ankamen.

 

Die dritten 5km:

Hier bei Kilometer 10 konnten wir wieder auftanken und uns von außen mit kaltem Wasser abkühlen. Aber nun ging es auch wieder aufwärts. 100 Höhenmeter auf einem weniger als 1 Kilometer langen Almweg hinauf zur Villa Cassel, wo schon der alte Churchill in Ruhe Urlaub machen wollte, aber sich mit den Bergbauern wegen der Kuh-Glocken anlegte.

Es ging nur im Schneckentempo aufwärts. Nur wenige konnten hier noch laufen. Und wenn, dann waren sie kaum schneller als die, die sich schnell gehend die Hände auf den Oberschenkeln abstützend oder die Hände hin und her bewegend, als wenn man sich an einem Seil hochziehen möchte, auch oben ankamen. Oben an der Villa Cassel wurden wir wieder von vielen Zuschauern lautstark empfangen. Nicht nur wegen der einmaligen Aussicht auf den Simplonpass, auf die 4-Tausender und auf die Massaschlucht standen hier die Menschen, nein man konnte die sich quälenden Athleten in wenigen Metern Abstand nach ca. 4 Kilometern Laufen um das Riederhorn herum ein zweites Mal bewundern und/oder antreiben. Diese Runde um das Riederhorn bot demjenigen, der rechts und links des schmalen Weges seine Blicke schweifen ließ, phantastische Aussichten und Anblicke. Es ging unterm Strich nur einige Höhenmeter rauf und runter. Die Bäume spendeten viel Schatten. Eine willkommene Erholungsphase nach dem steilen Anstieg. Völlig ausgepowert durfte man wegen der Gefahren allerdings hier nicht sein Tempo machen und versuchen Zeit wieder gut zu machen.

Zum Schluss der Runde ging es ein paar Meter mehr bergaufwärts und plötzlich tauchte vor einem wieder diese herrlich gelegene Villa Caßel auf. Kaum hatte man sie umlaufen, geht es über einen steinigen Wirtschaftsweg zur 15km-Verpflegungsstelle. Auch hier war die Auswahl an Getränken und fester Nahrung vorbildlich. Meine Wahl fiel auf Wasser für die äußere Anwendung und ein Becher mit einem Iso-Getränk für die innere Stärkung.

 

Die vierten 5km und der Rest:

Es ging auf einem breiten Weg stramm nach oben. Für denjenigen, der in möglichst kurzer Zeit oben ankommen wollten, war jetzt jeder Spaß vorbei. Schön breit mit viel Platz zum Überholen ging es relativ ungefährlich fast ständig bergauf. Im Winter eine sehr schön zu fahrende lange, breite Piste. Bei dieser Veranstaltung war nun die Aktivierung der hoffentlich noch gut gefüllten Energiespeicher nötig.

Von der Riederfurka auf 2065m bei Lauf-Kilometer 15 bis zu Laufkilometer 18 auf 2335m Höhe waren 270 Höhenmeter zu schaffen. Oben angekommen hätte man während der hier empfohlenen Nahrungsaufnahme die herrliche Aussicht auf den längsten Gletscher der Alpen, den großen Aletschgletscher genießen können und mit der hier aufgebauten Moosfluh-Seilbahn bequem wieder nach unten in die "Zivilisation" fahren können. Aber nein! Ein nicht endender Strom von Läuferinnen und Läufern hatte nichts anderes mehr im Kopf als wieder ca. 70 m bergab über schmale Pfade mit vielen, vielen hervorstehenden Felsbrocken zu laufen und zu springen um dann ca. bei Kilometer 19 noch einmal gestärkt und trotzdem teilweise am Ende der Kräfte über 300m nach oben zur Bergstation der Bettmerhorn-Seilbahn zu laufen und zu klettern. Von laufen kann hier eigentlich keine Rede mehr sein. Über lose Gesteinsbrocken, auf Felsplatten, die zu Stufen aneinander gereiht wurden, versuchte jeder weiter nach oben zu krakseln. So wie ich mussten viele jeweils nach ein paar Metern stehen bleiben und nach Luft ringen. Der Puls raste bestimmt im Max-Bereich. Nicht einmal schaute ich auf meinen Lauf-Computer. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Das man dem Ziel dann doch näher kam, merkte man an den immer mehr werdenden "Schaulustigen", von denen ein Teil überhaupt nicht verstehen konnte, warum man sich freiwillig so quälen kann. Vielleicht wollten auch viele "Passive" den mit schmerzverzerrtem Gesicht aufstrebenden Einzelkämpfern helfen, aber diese wollten und konnten keine Hilfe annehmen. Jeder wollte das bereits sichtbare Ziel aus eigener Kraft erreichen, auch wenn es wie bei mir jeweils 18 Minuten dauerte, bis 1km geschafft war. Und wer glaubte, durch nun vorhandenen Schneefelder ging es irgendwie besser, weil kühler oder so, der hatte sich geirrt (ich zumindest). Vollkommen instinktiv drückte ich wenigstens an jedem Kilometerschild die Rundentaste, so dass für die letzten 95m nach der 21km-Marke 1Minute und 21 Sekunden gespeichert wurden.

 

Kurz vor dem Ziel: Ich stehe im Stau. Gleich geht´s wieder weiter...

Foto: Ute Szardien

 

km Zeit Puls
01.000 05:40 160
02.000 05:18 165
03.000 06:03 156
04.000 07:39 155
05.000 04:40 156
06.000 05:01 165
07.000 06:06 152
08.000 04:57 154
09.000 04:10 151
10.000 07:16 151
11.000 11:04 153
12.000 05:37 148
13.000 05:51 147
14.000 05:26 146
15.000 08:31 146
16.000 09:55 142
17.000 08:10 148
18.000 10:36 145
19.000 10:07 143
20.000 18:03 148
21.000 18:46 142
22.000 01:21 145

Ges.

2:50:28 149

 

Im Ziel: Geschafft!!!!!!

Foto: www.dein-lauf.de

 

 

 

Der Ziel-Bereich!

Foto: Ute Szardien

Das Ziel

Zum Glück ging es die allerletzten Meter nicht mehr bergauf, so das ich im Ziel den Moment wieder genießen konnte. Nun nahm ich mir die Zeit und fragte meine Gesamtlaufzeit ab: 2:50:29! Ich war froh, es endlich geschafft zu haben. Aber kein Gedanke wie bei manch anderen: "Nie wieder, wozu das alles!"

Meine Gedanken waren: "Jetzt weist du Bescheid. Beim nächsten Mal wirst du noch besser vorbereitet sein und wirst noch schneller ins Ziel kommen!"

Ich erreichte das Ziel als 73. von 150 Männern in meiner Altergruppe. Insgesamt wurde ich 666. von 1059 Männern. Damit wurde ich 726. Finisher von 1526 Männern und Frauen insgesamt.

 

 

Mit allen Klamotten schnell in den Bergsee. Das tut gut!

Foto: Ute Szardien

Nach dem Lauf

Im Zielbereich stand jemand mit einer Kneifzange und wollte bei jedem Finisher an die Laufschuh, um den Zeiterfassungschip, der nur mit einem Kabelbinder befestigt sein sollte, einzusammeln. Mein Chip hatte ich wie üblich zur Sicherheit mit beiden Schnürsenkelenden an einem Schuh befestigt. Nach dem Entfernen des Chips auf einer Sitzbank ging es weiter zum Empfang der Auszeichnung: Eine schwarze Regenjacke mit zwei unterschiedlichen Säckchen zur Aufbewahrung der Jacke. Ein schönes, gut zu gebrauchendes Geschenk! Weiter ging es zum Getränkestand. Zur Stärkung probierte ich nacheinander alles, was angeboten wurde: Wasser, warme Brühe, Iso-Getränk, Sprudel.

Zwischendurch ging es zu einem weiteren Stand, an dem sich eine kleine Menschen-Schlange gebildet hatte. Hier gab es Apfel- , Apfelsinen- und Bananen-Stücke sowie Bircher-Müsli, verschiedene Joghurts in kleineren Bechern und Gebäck (kleine Schnecken). Ich konnte nicht anders: Insgesamt stellte ich mich zweimal hier an. Bei dieser optimalen Versorgung erholte ich mich rasch. Anderen ging es im Ziel nicht so gut: Dazu zählten die, die unterwegs gestürzt waren. Zu erkennen waren diese an blutverschmierten Hemden, verschrammten Gesichtern, Verbänden an den Beinen oder "nur" dreckigen Laufshirts (besonders häufig hier die Rückseite). Wenn jemand beim Laufen vom schmalen Weg abgekommen war, endete dies im günstigsten nur in einem "Abrollen" ohne sich zu verletzen. Aber die vielen Steine auf dem Weg sind hart und geben nicht nach. Da gibt es immer Blutverlust.

Im Zielbereich traf man immer mehr Mitteilnehmer der Halbmarathon-Trainingswoche. Die meisten waren zufrieden mit ihrem erreichten. Es gab aber auch Enttäuschung...

Nach dieser herrlichen Stärkung an den Versorgungs-Ständen ging es weiter in eine Ecke der Seilbahn-Bergstation. Dorthin hatte man die persönlichen Sachen der Marathon-Teilnehmer in einfachen Holzkisten durchnummeriert von 1-xx von dem Bettmeralp-Startbereich mit den Gondeln der Seilbahn hoch geschafft. So konnte sich jeder umziehen und/oder gegen die Kälte hier oben schützen.

Ich nahm auch mir meine Sachen. Nach einem kurzen Fußmarsch zum Aletschgletscher-Aussichtspunkt fuhren wir mit der Seilbahn wieder nach Bettmeralp, wo ich nicht mehr anders konnte, als mit meinen kompletten Laufsachen ein Bad in dem herrlich gelegenen Bergsee nehmen musste. So abgekühlt ging es in den nassen Klamotten durch den Ort direkt zum Chalet und hier schnell unter die Dusche. Wenig später hatte auch draußen jemand die Dusche angemacht: Es schüttete wie aus Kübeln. Ein Unwetter, wie es hier in den Bergen immer sehr schnell wie aus dem Nichts loslegen kann. Wenn das Unwetter ein paar Stunden früher gekommen wäre, es wäre da oben auf dem Berg sehr dreckig gegangen...

 

Zum guten Schluss

Erst eine Warnung:

Dies ist keine normale Laufveranstaltung. Wer hier laufen will, der sollte Erfahrungen mit normalen Laufveranstaltungen haben, aber auch genügend Zeit in den Bergen verbracht haben. Wer hier am Ende seiner Kräfte ist, der kann nicht so einfach mit dem "Besenwagen" aufgelesen werden. Die "dünnere Luft", die steilen Anstiege, die Beschaffenheit der Wege sowie das unberechenbare Wetter in den Bergen machen diesen Lauf zu einem gefährlichen Abenteuer!

 

Jeder, der wie ich unbeschadet und zufrieden das Ziel erreicht, wird diese Veranstaltung weiterempfehlen. Die ständig steigenden Teilnehmerzahlen bestätigen, das die Veranstalter alles richtig machen. Hoffentlich wird hier niemals eine ähnliche Katastrophe passieren, wie fast zum gleichen Zeitpunkt in diesem Jahr beim Zugspitzlauf.

 

 

Der Streckenverlauf

Quelle: www.aletsch-halbmarathon.ch

 

 

 

 

Stunden später zurück in Bettmeralp. Es schüttet wie aus Kübeln. Glück gehabt!

Foto: Siegfried Szardien

 

 

 

Nach dem Lauf durfte ich wieder "sündigen".

Foto: Siegfried Szardien

 

 

 

 

 

Links zum Gletscherlauf 2008

mehr infos Homepage Aletsch-Halbmarathon.ch

mehr infos Ergebnisse Homepage Datasport

mehr infos Bilder auf der Homepage Dein-Bild.de

mehr infos Laufbericht von Winnfried Stinn (Laufreport.de)

mehr infos Laufbericht der Laufgemeinschaft Sankt Augustin

mehr infos Laufbericht von Raoul und Stefan (triteamlimmattal.ch)

mehr infos Laufergebnisse von Helmut Reitmeir (Berglaufpur.de)

mehr infos Bilder von Martin Jörg auf Picasa

mehr infos Bilder von Rosi und Peter Lehmann auf Picasa

mehr infos Bilder von Julien auf Picasa

mehr infos Bilder von Peter auf Picasa

mehr infos Bilder vom Training auf copra.ch

 

 

 

 

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