Home > Laufen > Meine Laufberichte > Laufbericht zum 2. Karstadt Ruhr-Marathon 2004

 

Mein erster Marathon!

 

   

Zuerst die Daten zu diesem 2. Karstadt Ruhr-Marathon am 25.04.2004

Diese Veranstaltung war

- der größte Punkt-zu-Punkt-Marathon der Welt, der durch 5 Städte führte.

- der größte Punkt-zu-Punkt-Marathon Europas.

- der drittgrößte Marathon Deutschlands

 

Der Startpunkt lag ca. 135m über Meeresspiegel, das Ziel lag bei ca. 70m.

Das bedeutet ca. 65m Gefälle von Start zu Ziel. Zur Anerkennung z.B. von Rekorden darf ein Punkt-zu-Punkt-Marathon max. 42m Gefälle haben. Leichte Steigungen sind trotzdem vorhanden und lassen dadurch auf keine besonders gute Zeiten gegenüber anderen Läufen hoffen.

Der Abstand zwischen Start und Ziel darf maximal halb so lang wie die Strecke sein. Sonst kann es einen Vorteil bei Rückenwind geben.

Somit wird die Veranstaltung nicht von der IAAF anerkannt.

 

 

 

 

 

 

 

 

22775 Athleten insgesamt

6720 Marathon-Finisher

600000 Zuschauer

3000 Helfer insgesamt

1200 Streckenposten

15000m Absperrgitter

15000m Absperrband

10000m Bandenwerbung

50000 Kabelbinder

400 Strassen gesperrt

5 Autobahn-Abfahrten/-Auffahrten gesperrt

15 offizielle Verpflegungs- und Erfrischungsstellen

4000 Kästen Getränke

1000 Kästen Obst

450000 Becher

22500 Äpfel

67500 Bananen

25000 Birnen

20000 Schwämme

40 Hydranten

400m Wasserschläuche

250 WC-Häuschen

200 Ärzte und Physiotherapeuten

100kg Vaseline

500m Pflasterband

50 LKW

68000 Sicherheitsnadeln

55000 Briefumschläge

300 Sanitätseinsätze

40 Rettungsdiensteinsätze

2 Knochenbrüche bei den Inlinern

Die Vorbereitung

Ich habe keinen dieser 6-,8-,10-,12-Wochen-Trainingspläne angewendet. In diesem Jahr habe ich einmal als Training einen 24km-Lauf auf den Duisburger Rheindeichen absolviert, dreimal bin ich von Meiderich zur Regattabahn (1 Runde) und zurück mit jeweils 23km gelaufen. Ansonsten bin ich von Januar an fast jeden Tag kürzere Strecken (zwischen 4 und 15km) gelaufen, so dass pro Woche 40-50km zusammenkamen. Um zu testen, ob ich eine so lange Strecke grundsätzlich schaffe, bin ich im letzten Dezember einmalig unter Trainings-Bedingungen 40km in 3 Stunden 50 Minuten gelaufen. In 2003 habe ich 4 Halbmarathons (den letzten mit einer Bestzeit von 01:48:41) bestritten. Den ersten Halbmarathon in diesem Jahr konnte ich bereits nach 01:44:10 erfolgreich beenden. Die meisten Laufprognose-Rechner geben aufgrund dieser Leistung eine mögliche Marathonzeit von 3 Stunden 41 Minuten. Da ich mich möglichst von Lauf zu Lauf verbessern möchte, wollte ich mich mit 3 Stunden 59 Minuten zufrieden geben. Es sollte also möglich sein, jeden 5km-Abschnitt nicht schneller und nicht langsamer als 28 Minuten und 30 Sekunden zu laufen.

2 Tage vor dem Lauf fühlte sich der Körper fiebrig an und die Beine taten weh. Nervös war ich eigentlich nicht, denn dafür habe ich schon zu viele Wettkampf-Läufe (26) in den letzten 11 Monaten mitgemacht. Rein körperlich war alles im grünen Bereich.

   

Der Start

Marathonis und Halbmarathonis zusammen gestartet.

Mit dem Start-Schuss konnten durch die Bereichseinteilung (A-E) mit Lücken dazwischen alle gleichzeitig starten.

Bis zum Start-Linie brauchte ich trotzdem 6 Minuten (stop and go). Die Läufer im letzten Block (mit Frank Busemann) kamen sogar erst nach 11 Minuten am Start vorbei.

Ich sah vor mir auf der Start-Geraden die vielen tausend Läufer  und dachte: so muss es auch in New York sein. Wozu so weit reisen. Hier kriegt man doch auch eine Gänsehaut nach der anderen.

Zu wenig getrunken hatte ich bestimmt nicht. Vor dem Start musste ich "für kleine Mädchen". Und jetzt nach dem Start schon wieder. Aber rechts und links so viele Menschen. Keine Lücke in der Zuschauerwand. Und wenn doch eine Lücke kam, gab es kein Gebüsch, kein Baum oder ähnliches.

 

Foto: WAZ

Der Lauf

Die ersten Zehn: Vom Beginn an lief alles sehr gut. Die Zuschauer klatschten und pfiffen uns nach vorne. Ich war schneller als das 5km-Soll 28:30.

 

Ostern: Hinter mir lief längere Zeit ein dick eingepackter Osterhase und verschenkte Eier an zuschauende Kinder; solange der Vorrat reichte.

 

Siegfried: In Bochum hörte ich vom Straßenrand hinter mir plötzlich: Siegfried! Wer war das denn. Hier kennt dich doch keiner.

 

Sport trifft Industrie trifft Klassik: Bei Kilometer 10 ging es auf das Werksgelände der Bochumer Opelwerke. Wir liefen in die Presswerkhalle und staunten über die vielen Maschinen. Aus unzähligen Lautsprechern wurden wir mit klassischer Musik begleitet. Nach 350m (es kam mir wesentlich länger vor) konnten wir vor dem Verlassen der Halle die Künstler sehen und applaudieren.

 

Stille: Noch in Bochum brüllte plötzlich ein Läufer hinter mir in die Menge: "Warum ist das denn hier so leise? Sind wir schon in Herne? Bochum kenn ich aber anders!" Da war die Ruhe auch an diesem Teil der Strecke vorbei.

 

Die zweiten Zehn: Ich war wesentlich zu schnell. Es fiel mir viel zu leicht, das Tempo zu erhöhen. Die Zuschauer peitschten uns nach vorne. Ich war in Summe 6 Minuten zu schnell.

 

Trennung: Die Marathonis und Halbmarathonis wurden bei km 20 in Herne getrennt.

 

Siegfried: Jetzt hörte ich es immer öfter: "Siegfried!", "Siggi!", "Siegfried, halt durch!", "Siegfried, dein Name sagt es doch schon! Du schaffst es!". Irgendwann fiel es mir wieder ein: unterhalb der Startnummer auf meinem Laufshirt stand mein Vorname! Ob klein, ob groß, ob alt, ob jung, immer mehr Zuschauer nutzten nun bei mir und vielen anderen Läufern diese Info zur direkten Ansprache.

 

Die dritten Zehn: Ich konnte das Tempo nicht mehr halten. Ich spürte meine Oberschenkel und die Waden. Da nutzte auch das Antreiben durch die Zuschauer nichts. Ich musste zwischendurch immer wieder mal gehen.

 

Power: Bei Kilometer 27 erreichten wir eine Powerbarzone. Ich griff nach 2 dieser Gel-Packungen, von denen ich hörte, sie können auch kurzfristig noch helfen. Im Abstand von 2-3 km schluckte ich von beiden den Inhalt. Kurze Zeit danach bekam ich Magenschmerzen...

 

Der König von Mallorca: Vor mir lief längere Zeit jemand mit einer Krone (Pappe?) auf dem Kopf. Dieser König (oder sogar Kaiser?) musste immer wieder wegen des Extra-Beifalls der Zuschauer mit Armen und Kopf majestätisch grüßen.

 

Die vierten Zehn: Selbst in den Fußspitzen bekam ich einen Krampf. Ich reduzierte mein Tempo auf Walking-Geschwindigkeit. Immer wenn man nicht lief, waren die Anfeuerungsrufe besonders stark. Mit näher kommendem Ziel verschwanden wenigstens die Magenschmerzen. Der Kopf wurde wieder klarer. Ich erkannte meine Frau Ute am Straßenrand und konnte fast locker in die Kamera lächeln.

 

Foto: Live-Sportphoto

 

 

 

 

Foto: do-line.de

Das Ziel

Schon einen halben Kilometer vor dem Ziel hörte ich: Siegfried, nur noch 200m! Und schon lief es tatsächlich besser. Ich hatte den Eindruck, die Zuschauer hatten immer mehr und immer lautere Geräte zur Anfeuerung der Läufer. Der Ziel-Sprecher war nicht mehr zu verstehen. Auf einer riesigen Projektionswand konnte man den eigenen Zieleinlauf sehen.

Im Ziel stand noch völlig erschöpft Frank Busemann. Verdammt noch mal. Den hätte ich also fast noch eingeholt. Aber nichts da. Er stand schon sehr lange im Ziel und gab Interviews. Ich war froh, im Ziel zu sein und alles sehr bewusst mitzubekommen. Die Krämpfe waren vergessen. Für die letzten beiden km wurde mir ein Puls von 154 angezeigt. Das Mittel für die ganze Strecke lag bei 150. Ein Wert, den ich mir vorher als Wunschwert ausgerechnet hatte. Mit einer Laufzeit von 4 Stunden 13 Minuten war ich jedoch 14 Minuten später als erhofft im Ziel. Ich war trotzdem froh, überhaupt das Ziel erreicht zu haben. Und 4 Stunden 13 Minuten im ersten Marathon konnte ich mir vor einem Jahr überhaupt nicht vorstellen. Mein erster Wettkampf überhaupt war genau vor 11 Monaten. Da war ich im Ziel nach 10 Kilometern in 55 Minuten völlig fertig und dachte mir: wozu diese Quälerei? Die überaus gute Endzeit für den ersten Marathon ist die Antwort. Damit war ich 3689. von 6708 Finishern insgesamt. In meiner Altersklasse 50 belegte ich den 384. Platz von 727 Läufern.

 
km Zeit Puls Plan Diff.
05.000 28:18 151 28:30 -0:12
10.000 28:49 151 28:30 +0:19
15.000 25:33 155 28:30 -2:57
20.000 25:52 158 28:30 -2:22
25.000 27:18 162 28:30 -1:12
30.000 33:22 144 28:30 +4:52
35.000 33:23 144 28:30 +4:53
40.000 35:41 140 28:30 +7:11
42.195 15:17 154 11:00 +4:17

Ges.

4:13:33 150 3:59:00 +14:33

Nach dem Lauf

Für den ganzen Sonntag hatte ich keine Probleme. Ich kannte von früheren Halbmarathonläufen auch nach längerer Zeit plötzliche Krämpfe in den Füssen. Am Montag kam der Muskelkater in den Oberschenkeln und Waden, besonders heftig in der rechten. Aber man kann ja Treppen auch rückwärts heruntergehen... Nach dem Höhepunkt am Mittwoch war Freitag jeglicher Schmerz vergessen.

 

 

Foto: Ute Szardien

Zum guten Schluss

Trotz der Krämpfe und Magenschmerzen möchte ich diesen Lauf nicht missen. Es war für mich der richtige Einstieg in eine möglichst lange "Kariere" als Marathoni. Im nächsten Jahr wird es den ersten TwinMarathon durchs Ruhrgebiet geben, den ich vom Gasometer in Oberhausen aus beginnen möchte.
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Nachtrag

Am 08.05.2004, 2 Wochen nach diesem Marathon,

bin ich nach einem 40km-Training noch die 2.195km

weitergelaufen und bekam im "Ziel" auf meiner Uhr

die Gesamt-Zeit 3:58:24 angezeigt. Ich hatte während

und nach dem Lauf nicht einen Krampf.

Links zum 2. Karstadt Ruhr-Marathon 2004

mehr infos Homepage Karstadt-RuhrMarathon.de

mehr infos Polizei Gelsenkirchen: Marathonläufer bedankte sich bei Polizisten

mehr infos die tageszeitung: "Ein Marathon durchs Presswerk"

mehr infos Ergebnisse bei mika timing

mehr infos Fotos: www.dortmunder-sport.de

mehr infos 100 Marathon Club Deutschland: Laufbericht von Hans Drexler

mehr infos Ulf Hundeiker: Laufbericht

mehr infos Dieter Matzat: Laufbericht

mehr infos Frank Pachura: Laufbericht

 

 

 

 

 

 

Kritik

Aus der WAZ vom 27.04.2004:

Man könnte euphorisch werden, aber es gibt auch Kritik:

Am frühen Sonntag etwa fährt am Dortmunder Hauptbahnhof eine Regionalbahn Richtung Bövinghausen vor, mit nur zwei Wagen. Es ist der offizielle Zug zum Start. Die Menge drängt und hält die Luft an, aber Hunderte Marathonis müssen zurückbleiben. Und werden von einem Bahnangestellten missgelaunt an die S-Bahn Richtung Langendreer verwiesen und den Bus- der nicht verkehrt, wegen  des Marathons.

Oder Herne: Da brauchen viele Läufer ebenso lang, um aus dem Zielbereich zu kommen wie für die gerade gelaufenen 21 Kilometer. In drangvoller Enge müssen sie warten, bis sie zu Urkunden, Taschen und Chip-Rückgabe vordringen. "Das werden wir nächstes Jahr korrigieren", verspricht gestern Jens Koralewski vom Organisationsteam.

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 17.05.2007